Wasserball/ Beim Olympia-Qualifikationsturnier
trifft das deutsche Team heute auf Kubas
Nationalmannschaft
Zigarrenraucher
willkommen - Cohibas sichern Devisen
VON GERD KUJATH
Hannover Bundeskanzler Gerhard Schröder ließ
Organisationschef Kurt-Heinrich Maier im Februar
mitteilen, dass er beim Olympia-Qualifikationsturnier der
Wasserballer in Hannover vorbeischauen wolle. Er sollte
sich beeilen. Der Vorrat an Kisten seiner
Lieblingszigarrenmarke Cohiba, den die kubanische
Nationalmannschaft zurzeit in Hannover zum echten
Freundschaftspreis an den Mann bringt, ist, nämlich fast
erschöpft. Der 24-jährige Centerverteidiger Amaurys
Perez sagt warum: ,,Wir hätten gerne mehr mitgebracht,
aber da manche Touristen schon mit 50 Kisten von unserem
Zoll erwischt worden sind, werden selbst wir strenger
kontrolliert."
Der Verkauf der begehrten Zigarren hat jedoch manchen
Engpass beseitigt, der ohne diese Devisenquelle
zweifellos entstanden wäre. Denn die Männer aus Havanna,
Cienfuegos und Camagüey sind bereits seit dem 18. April
auf Europatournee. Und da während ihrer Vorbereitung in
Bratislava, Budapest und Rom sowie jetzt in Hannover die
Lebensmittel nicht wie daheim mit Marken zugeteilt werden,
ist jeder Zigarrenraucher willkommen. Dass das
Sportministerium überhaupt 70 000 Dollar für Reise- und
Übernachtungskosten der ,Wasserballer locker gemacht hat,
,,grenzt an ein Wunder", erklärt der kubanische
Delegierte im Weltverband (FINA), Guellermo Martinez. Im
Gegensatz zu den bekannten Leichtathletikstars der Insel,
die einen Teil ihrer Antritts- und Siegprämien durch
ihren Weltverband an das Ministerium abführen, bekämen
die Wasserballer selbst im Fall der Qualifikation nichts
von der FINA.
Wie sich das ändern könnte, zeigt die Frau von Trainer
Pablo Cuesta. Seit zwei Jahren spielt die Volleyball-Olympiasiegerin
und -Weltmeisterin als Profi im italienischen Reggio di
Calabria. Dabei wurde zwar die Ablösesumme, zudem aber
nur ein gewisser Prozentsatz ihres Gehalts an das
Sportministerium überwiesen. "Zur Refinanzierung
und Unterhaltung der Förderstrukturen", erläutert
Cuesta. Auch zu zwei Wasserballern haben italienische
Vereine während des Trainingslagers in Rom erste
Kontakte geknüpft. Namen wolle er nicht nennen, um keine
Unruhe ins Team zu bringen, sagt der Coach: ,,Aber es ist
denkbar, dass im nächsten Jahr diese zwei die ersten
kubanischen Wasserballer im Ausland sein werden."
Noch ist das Zukunftsmusik. Realistischer wäre heute
eine Niederlage gegen Deutschland. ,,Wenn es in Hannover
nicht klappt, wird meine junge Truppe bestimmt an der
Weltmeisterschaft 2002 in Fukuoka teilnehmen", erklärt
Cuesta. Funktionär Martinez bremst den Optimismus etwas.
Um international mitzuhalten, müsse Kuba pro Jahr bis zu
50 Länderspiele gegen die weltweit führenden europäischen
Länder machen. ,,Aber wenn schon zahlreiche Kommunen
kein Schwimmbad unterhalten, ist die Föderation
ebenfalls nicht in der Lage, so etwas zu bezahlen",
sagt er. Neben der Hoffnung auf zwei künftige Profis in
den eigenen Reihen gilt für die privaten Belange der
Spieler also zunächst weiterhin: ,,Kuba on tour"
mit Cohiba.
Die deutschen Spiele in der Zwischenrunde:
Deutschland - Kuba (heute, 18 Uhr), Deutschland -
Russland (morgen, 18 Uhr), Deutschland - Polen (Freitag,
12 Uhr).
(Hannoversche
Allgemeine Zeitung 10.05.2000)
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