Der Traum
vom Olympiasieg 2004
VON NORBERT FETTBACK
Hannover. Bernd Seidensticker machte große Augen.
Der Trainer des Bundesligisten Waspo Hannover wunderte
sich nicht nur über Art und Weise der Auftaktniederlage
des deutschen Teams beim Olympia-Qualifikationstumier,
sondern auch über das Drum und Dran der
Mammutveranstaltung im Stadionbad.
Bis zum 14. Mai spielen hier 15 Nationalteams die letzten
fünf freien Plätze für Sydney aus, und den Spaß
unterm Hallendach lassen sich die Veranstalter eine halbe
Million Mark kosten. ,,Das Geld würde bei Waspo für fünf
Jahre reichen", sagt Seidensticker, der sich von
Saison zu Saison über die Runden hangeln muss,
angesichts des beträchtlichen Aufwands.
Dabei ist das 260 000 Mark teure Rahmenprogramm mit
Popstars ä la Gloria Gaynor und Sabrina Setlur mangels
öffentlichen Interesses dem Rotstift zum Opfer gefallen.
Ob die Rechnung des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV)
aufgeht, unter dessen Dach die Wasserballer ihr Dasein
fristen, kann heute noch niemand sagen. Das gilt für den
Turnieretat ebenso wie für das Ziel der Deutschen, doch
noch auf den Olympiazug aufzuspringen, den der EM-Achte
1999 in Florenz verpasst hatte.
Sollte dem Team von Bundestrainer Uwe Sterzik die Tür
quasi vor der Nase zugeschlagen werden, hätte das für
diese Sportart gravierende Folgen. Ewald Voigt-Rademacher,
Wasserballwart des DSV' gebraucht das Wort ,,fatal".
Die finanzielle Förderung - seit dem Verpassen der WM
1998 auf Sparflamme - würde wegen internationaler
Erfolglosigkeit nicht erhöht werden.
Weil die Randsportart ohnehin nicht auf Rosen gebettet
ist, wäre es um die Perspektiven der längst in die
Mittelmäßigkeit abgerutschten Deutschen noch schlechter
bestellt. Beim Turnier in Hannover greift der
Europameister von 1989 deshalb nach dem Strohhalm.
Die Karten sind ausgereizt. Im Vorfeld des Turniers
wurden die 200000 Mark, die der Nationalmannschaft in
diesem Jahr zur Verfügung stehen, restlos aufgebraucht.
,,Wenn wir uns für Olympia qualifizieren, muss neu
verhandelt werden" sagt Voigt-Rademacher.
Bundestrainer Sterzik sucht vergeblich nach einem Joker.
Weil die Deutschen keinen überragenden Spieler haben,
versucht sich der 34-Jährige, sportlich durch eine Art
Blockbildung aus der Affäre zu ziehen.
Man nehme fünf Spieler von Spandau 04 und vier von Waspo,
dazu noch ein paar Einzelkönner - so lautet Sterziks
Sydney Rezept. Trotz der Niederlage gegen die Slowakei
zweifelt er nicht an der erfolgreichen Qualifikation: ,,Wir
schaffen das auch wenn es schwer wird."
Die subtropischen Temperaturen in Stadionbad sind nicht
gut für das Zuschauerinteresse. Doch hier ist manch Idee
ausgebrütet worden, wie dem kränkelnden Wasserballsport
auf die Beine geholfen werden kann. Manches braucht viel
Fantasie. Voigt-Rademacher schwebt eine ,,Golden League"
für Nationalteam vor, das Modell will er am Wochenende
Paris präsentieren. Joachim Jörg' beim Turnier zuständig
für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing, schaut schon
weiter ,,Deutschland soll 2004 Olympiasieger werden",
sagt er. ,,Dafür müssen wir in Hannover die Bodenplatte
legen."
(Hannoversche
Allgemeine Zeitung 08.05.2000)
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