Klartext
Der Coach und sein Team stehen enorm unter Druck. Vom
deutschen Wasserball-Bundes-trainer Uwe Sterzik wird
nichts anderes erwartet als dass die Qualifikation für
die Olympischen Spiele gelingt. Als Spieler setzte der 34-Jährige
Akzente für Offenbach, Duisburg, Düsseldorf, Wuppertal
und Teneriffa. Als Bundestrainer und Nachfolger von
Nicolae Firoiu stehen große Erfolge bisher noch aus.
,,Nach dem
Turnier in Hannover geht das Rennen neu los"
Beim Turnier in Hannover werden vier Tickets für
Olympia vergeben. Welche Chancen hat die deutsche
Mannschaft?
Ich gehe fest davon aus, dass wir uns für Sydney
qualifizieren. Bei einem solch hochkarätigen Turnier
entscheidet sich aber vieles im Kopf. Die Spieler dürfen
sich nicht ablenken lassen.
Eine Ablenkung durch ein pompöses Rahmenprogramm,
das ins Wasser gefallen ist wird es ja nicht geben.
Rahmenprogramm hin oder her. Die Mannschaft setzt hier
die Glanzlichter. Ob hier Gloria Gaynor oder Sabrina
Setlur singen oder nicht, ist mir völlig egal. Natürlich
ist es schade, dass man aus einem solchen Turnier kein
Event macht.
Wieder eine Chance weniger, Wasserball populärer zu
machen?
Wir sind - wie viele Randsportarten - in den Medien nicht
hoch angesehen. Die vom Fernsehen bezahlen für einige
wenige Sportarten Millionen. Irgendwann gucken wir bei
Olympia aber auf den Medaillenspiegel und stellen fest,
dass Deutschland nur noch unter ferner liefen steht. Was
im Fußball für die Fernsehrechte gezahlt wird, da kann
ich nur den Kopf schütteln.
Sie sind der Bundestrainer. Können Sie vorn
Wasserball leben?
Sagen wir es so: Ich habe einen Honorarvertrag, und es
kommt regelmäßig Geld. Aber ich habe noch andere
Standbeine.
Weil Sie als Spieler so gut verdient haben?
Auch. Aber ich habe immer versucht, nicht nur vom
Wasserball abhängig zu sein. Ich habe meine Karriere
beim spanischen Erstligisten Teneriffa beendet. Das war
lukrativ und ein Erlebnis zugleich. So etwas kann ich nur
jedem jungen Spieler empfehlen - wenn er seine berufliche
Schiene neben dem Sport nicht vernachlässigt.
Ein junger Spieler von Waspo Hannover ist von Ihnen
gerade aus dem Aufgebot der Nationalmannschaft gestrichen
worden.
Sören Mackeben ist für mich ein Hoffnungsträger. Im
Kader für Hannover war für ihn kein Platz, aber dieses
Team spielt nicht automatisch in Sydney. Nach dem Turnier
in Hannover geht das Rennen neu los. Sören kann es noch
schaffen.
Bei Waspo Hannover haben Sie wenig Freunde. Coach
Bernd Seidensticker zählt zu den Bundesliga-Trainern,
die die Zusammenarbeit mit der Nationalmannschaft immer
wieder heftig kritisieren.
Manchmal verstehe ich die Kritik nicht. Von den
intensiven Kurzlehrgängen in Hannover und Berlin und den
dazugehörigen Testspielen haben vor allem Waspo und
Spandau profitiert. Beide Mannschaften stehen in der
Bundesliga oben. Spandau hat es sogar in die Champions
League geschafft. Das würde ich mir auch mal von Waspo wünschen.
Auch ein Bernd Seidensticker muss erst einmal
internationale Klasse nachweisen. Bei alter Kritik darf
man den Blick für die Realität nicht verlieren.
Für einen Bundestrainer sind Sie mit 34 Jahren ungewöhnlich
jung. Stehen Sie deshalb häufiger in der Kritik?
Ich bin der jüngste Trainer im internationalen Geschäft.
Mein Vertrag läuft bis 2004. Man gibt mir als die Chance,
noch eine Menge zu bewegen.
Mit Uwe Sterzik sprach HAZ-Redakteur Christian
Otto.
(Hannoversche
Allgemeine Zeitung 05.05.2000)
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