Europameisterschaft,
Halbfinals
Eines Finales würdig Italien
entthront Ungarn im Hexenkessel von Budapest
VON DR. GÜNTER SCHWILL
Eurosport brachte das "Vorspiel", die Gala kam
danach und die hieß: Italien gegen Ungarn. 10.000
Besucher im Bad auf der Margaretheninsel und ungezählte
Zuschauer vor den Fernsehschirmen in Ungarn, Italien und anderswo
wurden Augenzeuge, wie Italien den Olympiasieger und
Rekord-Europameister Ungarn in einem mitreißenden Spiel 8:7
(3:3, 2:2, 0:1, 3:1) niederrang. Es war ein
Halbfinale, das eines Endspiels würdig gewesen wäre.
Alles stimmte: die Stimmung im Stadion, Emotionen im und
außerhalb des Beckens, hohe Spielkunst auf beiden
Seiten, letzter Einsatz und viel Mut zum Risiko. So lebt
der Wasserball, in dieser Darbietung hat er eine
gesicherte Zukunft vor sich. . Der Mut der Wasserball-Verantwortlichen
in der LEN, sich bei den Europameisterschaften von allen
anderen Schwimmdisziplinen loszulösen, ist zum
Volltreffer geraten. Florenz schon hatte den Trend
gezeigt, Budapest brachte die Bestätigung.
Der Sport
und seine Helden
Die 13 Spieler auf beiden Seiten gehörten zum Besten,
was der internationale Wasserballsport derzeit präsentieren
kann - und doch soll ein Mann herausgehoben
werden, der eigentlich schon Wasserball-Rentner war, der
seine Erfolge (Olympiasieg, WM- und EM-Titel) in einer früheren
Zeit erkämpft hat: Francesco Attolico, der 38jährige
Kapitän der "squadra azzurra".
Francesco Attolico in Aktion (Photo: Dr.G.Schwill)
Seine Glanzparaden beflügelten seine Vorderleute und
brachten den kaum erwarteten Sieg über die Hausherren.
Seine Rückkehr ins Team hatte folgenden Grund: Beim
Poseidon-Cup in Athen vor einem Monat verletzte sich
Stefano Tempesti, Junioren-Weltmeister von Kuweit 1999.
Trainer Campagna wußte um die Achillesferse eines jeden
Teams, die Torwartposition. Es mußte eine Persönlichkeit
ins Tor, die jedem Gegner Respekt einflößt: Francesco
Attolico. Dessen Antwort aus dem Urlaubsort lautete:
" Wenn das Vaterland ruft, ......"
Vergessen der Rücktritt bei den Olympischen Spielen in
Sydney und wieder hinein ins Geschehen, das sein
bisheriges Leben ausgefüllt hatte. Sportdirektor in
Bari, seiner Heimatstadt, kann er auch später noch
werden.
Kapitän Attolico beim Erklingen der Nationalhymne (Photo:
Dr. G. Schwill)
Die 15 Tore:
1.Viertel: 1:0 Silipo, 1:1 Kasas, 1:2 Zsolt Varga, 2:2
Angelini, 3:2 Rath, 3:3 Attila Vari
2.Viertel: 4:3 Silipo, 4:4 Attila Vari, 5:4 Alessandro
Calcaterra, 5:5 Szekely
3.Viertel: 5:6 Benedek
4.Viertel: 6:6 Sottani, 6:7 Kasas (4-m), 7:7 Silipo, 8:7
Rath
Jugoslawien
- Kroatien, das Balkan-Duell
Auch Finalgegner Jugoslawien trat mit einem "Oldster"
im Tor an, dem 37jährigen Aleksander Sostar von VK Becej.
Seine internationale Karriere auf höchstem Niveau währt
inzwischen 20 Jahre, doch sein Alter sieht ihm bei seiner
Leistung im Wasser niemand an.
Aleksander Sostar (Photo: Dr. G. Schwill)
Alle großen nationalen und internationalen Titel hat er
mindestens doppelt (Olympiasieg, Weltmeisterschaft,
Spanische Meisterschaft, Italienische Meisterschaft,
Jugoslawische Meisterschaft), aber nur einmal ist er
bisher Europameister geworden (1991 in Athen), den Titel
in Bonn (1989) hat ihm Deutschland mit Golden Goal
verwehrt. Jetzt steht er erneut in einem EM-Finale.
Sostar und seinen Vorderleuten, von denen Vladimir
Vujasinovic herausgehoben werden muß, gelang im
Balkanduell ein 8:6 (2:1, 2:2, 3:2, 1:1)-Erfolg
gegen Kroatien. Eurosport-Kommentator Uwe Sterzik hatte
von Vujasinovic eine hohe Meinung. Er kannte ihn noch aus
seiner Aktivenzeit bei CN Martiánez/Teneriffa und war
heute noch spürbar stolz über den damaligen Sieg gegen
CN Barcelona, der zuvor gerade Drittplatzierter im Final
Four in Neapel geworden war.
Vlad Vujasinovic, einer der weltbesten Spielgestalter
(Photo: Dr. G. Schwill)
Jugoslawien war während des ganzen Spiels druckvoller
und ideenreicher und verdiente sich den Sieg zu Recht.
Die 14 Tore:
1. Viertel: 1:0 Ciric, 2:0 Ciric, 2:1 Djogas
2. Viertel: 3:1 Uskokovic, 3:2 Smodlaka, 4:2 Uskokovic, 4:3
Oreb
3. Viertel: 5:3 Sapic, 5:4 Hinic, 6:4 Vujasinovic, 6:5
Djogas, 7:5 Savic
4. Viertel: 7:6 Hinic, 8:6 Vujasinovic
(copyright + Photos by Dr. Günter
Schwill, 23. Juni 2001)
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