Wasserballer Michael Ilgner setzt ein Zeichen und bleibt beim SV 05
Licht in Zeiten des Nebels
Samstag, 08.08.1998 - Lokalsport Würzburg, Mainpost
WÜRZBURG (ACH) · "Irgendwie hänge ich am Verein", sagt Michael Ilgner und
bleibt dem SV Würzburg 05 als Wasserballspieler erhalten.
Vieles liegt derzeit im Ungewissen in der Wasserball-Abteilung des Bundes-
ligisten SV Würzburg 05. Nachdem mit dem vierten Platz das erklärte Saison-
ziel Endspielteilnahme deutlich verpaßt wurde und sich Nationalmannschafts
-Keeper Alexander Chigir nach Berlin verabschiedet hat, scheint der große
Schnitt nun unausweichlich. Doch wie und mit wem geht es weiter? Seit Tagen
werden Gespräche geführt zwischen Trainer, Vorstandschaft und Spielern -
bislang ohne konkretes Ergebnis. Es fehlen noch Antworten auf viele Fragen.
Bleibt Coach Günter Wolf? Kommt ein neuer Torwächter? Wieviele Spieler be-
enden ihre Karriere? Ist die Bundesliga in Würzburg finanziell noch machbar?
Doch in Zeiten des Nebels hat sich einer nun entschlossen, für ein Licht zu
sorgen. "Ich bleibe weiter in Würzburg", sagt Michael Ilgner, Leistungsträger
des SV 05, und erteilt damit dem Werben des Ligakonkurrenten ASC Duisburg eine
klare Absage. Der 27jährige hofft, mit seinem Ja dem einen oder anderen Spieler
seine Entscheidung zugunsten des Sports leichter zu machen. "Ich möchte aber
keinen zwingen, weiterzuspielen, auf keinen Fall." Jeder solle frei entscheiden,
denn eine Zwang-Gemeinschaft habe keinen Sinn. Wenn Spieler wie Helmschrott,
Leidel, Wandersee und Marton künftig der Familie oder dem Beruf den Vorrang
geben wollen, "dann habe ich auch dafür Verständnis und respektiere die
Entscheidung."
Bereit für den Umbruch
Dennoch wäre Ilgner froh, wenn sich ein Stamm bewährter Bundesliga-Kräfte finden
würde, in deren Fahrwasser sich Nachwuchs-Talente entwickeln könnten. "Denn ein
Umbruch muß stattfinden", sagt der über 100fache Nationalspieler, der anmahnt,
jene "drei, vier jungen Spieler, die eine gute Perspektive haben, mit in die Ver-
antwortung zu nehmen." Nach dem Halbfinal-Aus gegen Spandau habe er sich zwar
intensiv mit einem Vereinswechsel beschäftigt, "doch letztlich bin ich froh, hier
zu bleiben. Denn irgendwie hänge ich an dem Verein." Freilich ist er sich bewußt,
mit seiner Entscheidung auch ein Risiko eingegangen zu sein, denn noch ist viel
in der Schwebe und es besteht keine Garantie, daß in der nächsten Saison eine
schlagkräftige Mannschaft ins Wasser springen wird.
"Doch es ist auch eine reizvolle Aufgabe" mitzuhelfen, daß der Umbruch gelingt,
so Ilgner, der für eine Unternehmensberatung arbeitet und Ende des Jahres seine
Dissertation fertig haben will. "Ich spüre, daß ein frischer Wind weht, auch
von den Verantwortlichen." Bundesliga-Wasserball, sagt Ilgner, "hat seit fast
30 Jahren Tradition in Würzburg, die wollen wir erhalten."
Günter Wolf bleibt zumindest ein weiteres Jahr Wasserball-Trainer des SV Würzburg 05
Mainpost, Dienstag, 11.08.1998 - Sport
Von sentimentalen Dingen
¤ WASSERBALL ach
Günter Wolf wird zumindest ein Jahr weiter die Geschicke der Bundesliga-Mannschaft
des SV Würzburg 05 führen. Der dienstälteste Coach in der deutschen Wasserball-
Eliteliga gab gestern seine Zusage für eine weitere Saison, nachdem sich der 48-
jährige Gymnasiallehrer eine Woche Bedenkzeit erbeten hatte.
"Sentimentale Dinge", so Wolf auf Anfrage dieser Zeitung, hätten ihn zu dieser
Entscheidung bewogen. Der Coach spielte selbst beim SV 05, mit dem er in den 70er
Jahren fünf Meistertitel an den Main holte. Zudem wurde Wolf 130mal in die National-
mannschaft berufen. Seit 1984 betreut der zweimalige Olympiateilnehmer (1972 und
'76) als Cheftrainer das Bundesligateam. Günter Wolf ist verheiratet und Vater
von vier Kindern.
Experiment gescheitert
Nachdem das dreijährige Experiment, mit externen Verstärkungen wie Center Raúl de
la Peña und Weltklasse-Keeper Alexander Chigir am Thron von Spandau zu rütteln,
gescheitert ist, sei es für Wolf nun eine reizvolle Aufgabe, mit jungen Spielern
eine neue Mannschaft zu formen. Mit der muß er sich jedoch andere Ziele setzen als
jene ehrgeizigen in den vergangenen Jahren. Es zähle in der kommenden Saison nur
der Klassenerhalt. "Das ist eine Herausforderung", so der Hettstadter, der seine
Vertragsverlängerung nicht von Verstärkungen abhängig gemacht habe. Allerdings
mahnt er an, daß sich im Umfeld noch mehr Leute um die Belange der Bundesliga-
Mannschaft kümmern müßten.
Als "frustrierend" bezeichnete es Wolf, daß es trotz der Anstrengungen der letzten
Jahre nicht gelungen sei, Spandau als Meister abzulösen. Wenngleich der Trainer
feststellt, "daß der Olympiastützpunkt Berlin umfunktioniert wird zu einem Spandau-
Stützpunkt." Verband und Verein würden in der Hauptstadt nicht getrennt, und so
könne der Serien-Meister über finanzielle Mittel verfügen, die Würzburg nicht habe.
Hier sei immer weniger Geld aufzutreiben, sagt Wolf, der dennoch zuversichtlich ist,
weil einige "sehr talentierte Jugendliche" mit einigen "älteren Spieler wie Ilgner,
Gutfreund und Reinhard" eine gesunde Mischung ergeben. "Aber eines ist klar", sagt
Wolf abschließend, "es wird ein hartes Jahr."
Axel Heintel verläßt den SSV Esslingen
Wasserballer wechselt zum Lokalrivalen SV Cannstatt
Esslingen - Die Nachricht traf die Verantwortlichen des SSV Esslingen wie
ein Blitz aus heiterem Himmel. Axel Heintel wird den Absteiger aus der
Wasserball-Bundesliga verlassen. Der 26jährige geht in der neuen Saison für
den frischgebackenen Europapokal-Teilnehmer SV Cannstatt auf Torjagd.
"Der Schock sitzt tief", erklärte SSVE-Vorstandsmitglied Hans-Jörg Barth,
"das ist natürlich ein herber Verlust für uns."
Heintel teilte seine Entscheidung den Esslinger Funktionären am Sonntag
abend mit. Nach einer sportärztlichen Untersuchung gab der 26jährige dem
SV Cannstatt am Montag mittag seine endgültige Zusage.
"Ausschlaggebend waren nur sportliche Gründe", meinte Heintel, "ich habe
dem SSVE lange genug die Treue gehalten."
* Mehr Informationen und Hintergründe in der Eßlinger Zeitung 11.8.98
Axel Heintel ist zurück - eine wundersame Heilung?
Der Esslinger Wasserballer hat sich erstaunlich schnell von seiner schweren
Rückenverletzung erholt und wechselt gleich nach Cannstatt
Vor einigen Wochen konnte sich Nationalspieler Axel Heintel vor Schmerzen
kaum bewegen. Drei Monate lang hat er sein Krankenlager selten verlassen -
jetzt will er wieder in den Leistungssport einsteigen.
Von Bernd Steinle
Der Befund war niederschmetternd. Vierfacher Bandscheibenvorfall, sieben
Wirbel an- oder eingerissen, die Wirbelsäule stark deformiert. Für Axel
Heintel, Wasserball-Nationalspieler und Leistungsträger beim
Bundesliga-Absteiger SSV Esslingen, war die Welt des Leistungssports, seine
Welt, mit einem Schlag in weite Ferne gerückt. Mit 26 Jahren. Das war im
März. Seitdem hat sich eine Menge getan. Axel Heintel ist zurück - doch
nicht beim SSV Esslingen. Vor kurzem gab er seinen Wechsel zum
Bundesligisten und Europacup-Teilnehmer SV Cannstatt bekannt.
Eine wundersame Heilungsgeschichte? Oder ein Fall von übertriebenem Ehrgeiz,
von Leichtsinn, Fahrlässigkeit, Rücksichtslosigkeit gegenüber dem eigenen
Körper? Wer mit Heintel redet, hat nicht den Eindruck, es mit einem
Wasserball-Fanatiker zu tun zu haben. ¸¸Ich vergleiche das immer mit einem
Kreuzbandriß'', wehrt er Einwände gegen seine Rückkehr ab, ¸¸das dauert
normal auch zwei Jahre, während ein Fußballprofi nach fünf Monaten wieder
aufläuft. So habe ich ebenfalls alle möglichen Maßnahmen zur Regeneration
wahrgenommen.''
Der Bauingenieur-Student reichte ein Krankheitssemester ein und legte sich
drei Monate lang flach. Komplett. Im vierten Monat weiterhin acht bis neun
Stunden täglich. Und die gerissenen Wirbel wuchsen zusammen. ¸¸Zwei sind
inzwischen komplett fest, die anderen sind so verwachsen, daß sie stabil
sind'', sagt Heintel. Inzwischen macht er Krankengymnastik, seit drei Wochen
schwimmt er wieder. Das einzige, was sich bisher eingestellt habe, sei
Muskelkater gewesen. Nur beim Sitzen werden nach maximal drei Stunden die
Schmerzen zu groß - es ist vor allem die untere Rückenwirbelsäule, die von
den Verletzungen betroffen ist. Beim Untersuchungstermin am vergangenen
Montag jedoch hat ihm sein Arzt grünes Licht für die Rückkehr gegeben. Ohne
Garantie, selbstverständlich. Das Risiko wird Axel Heintel künftig
begleiten. ¸¸Das kann auch beim Zähneputzen wieder rausrutschen'', weiß er.
Zumal nicht feststeht, ob der kaputte Rücken überhaupt vom Wasserball
herrührt. Oder von einer falschen Massagetechnik. Oder vom zusätzlichen
Krafttraining.
Axel Heintel weiß, daß in Zukunft einiges anders werden wird. Werden muß.
¸¸Wenn's jetzt zwickt, bin ich der erste, der zum Arzt rennt'', sagt er,
¸¸früher hätte ich eben auf die Zähne gebissen.'' Einer der Gründe für
seinen Wechsel war neben der sportlichen Verbesserung die Hoffnung, daß er
in Cannstatt nicht so gefordert sein wird wie in Esslingen. ¸¸Die Belastung
im Spiel ist besser verteilt, ich muß nicht bei jedem Angriff was machen'',
sagt er. Wenn er überhaupt in die Mannschaft komme, gibt er zu bedenken,
¸¸schließlich haben die die Europacup-Teilnahme ohne mich geschafft''.
Jürgen Rüth, der Kapitän des SV Cannstatt, sieht das optimistisch. ¸¸Wir
gehen davon aus, daß er spielen kann'', sagt er. Bleibt da nicht ein Risiko
auch für den SVC? ¸¸Nein, wir können ohnehin keine Riesengehälter
bezahlen'', sagt Rüth.
Ein Monat bleibt Axel Heintel bis zum Trainingsauftakt. Ein weiterer Monat,
um in die Welt des Leistungssports zurückzufinden. ¸¸Ich gehe da gelöst
rein'', sagt er, ¸¸aber versuchen will ich es, sonst ärgere ich mich in
fünf, sechs Jahren darüber, es nicht gemacht zu haben.'' Die Möglichkeit des
Scheiterns ist inbegriffen. ¸¸Wenn's nicht geht, geht's eben nicht.'' Eine
gesunde Einstellung.
© 1998 Stuttgarter Zeitung, Germany, 19.8.98
Wasserballer Jochen Güse geht, SV Cannstatt sucht Verstärkung
STUTTGART (si). Wohin die Reise für den SV Cannstatt im Wasserball-Europacup geht,
entscheidet sich am Freitag. Dann werden in Bratislava (Slowakei) am Rande der
Jugend-EM die Qualifikationsturniere (23.bis 25.Oktober) ausgelost. SVC-Vorstand
Frank Otto hätte am liebsten gleich Heimrecht. ¸¸In Stuttgart wird nicht alle
Tage Europacup gespielt - und wer garantiert, daß wir auswärts weiterkommen würden?'',
sagt der Rekordnationalspieler, der eine andere Meinung als Trainer Gabor Bujka
vertritt. Der würde die erste Runde gerne auswärts spielen.
Entschieden ist unterdessen der Abgang von Jochen Güse, den es nach einem Jahr in
Cannstatt aus privaten Gründen zurück nach Westfalen zieht. In der vergangenen Saison
war er vom Viertligisten Löhne gekommen und hat sich als wertvolle Verstärkung
erwiesen. Er ist nach Janos Halapi (zurück nach Ungarn) der zweite Abgang bei
Cannstatt, dem erst ein Neuzugang gegenübersteht: Axel Heintel vom SSV Esslingen.
Zerschlagen hat sich die Verpflichtung von Kai Füge (Rote Erde Hamm). Der Junioren-
Nationaltorhüter gab dem SVC einen Korb. Bis Ende des Monats hat Cannstatt noch die
Möglichkeit sich zu verstärken, dann läuft die Wechselfrist im Wasserball ab.
Deshalb weilt Trainer Gabor Bujka in Ungarn und verhandelt mit einem Torhüter. Zudem
liebäugelt der SVC mit einem Linkshänder aus Rumänien.
© 1998 Stuttgarter Zeitung, Germany, 19.8.98
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